Mein Ausflug ins Landleben


„Los geht´s Philipp, wir fahren mit meiner Familie weg!“
„Wohin und weswegen?“
„In irgendsoein Dorf, ich glaub, es ist ne Taufe.“
 
Schliesslich war es doch keine Taufe, sondern eine Abiturfeier, doch zumindest ein Dorf. Etwa eine Stunde von Puebla entfernt, scheinbar namenlos, offensichtlich Asphaltlos aber dafür sehr mexikanisch!

Ver mapa más grande

Und so fuhren wir am frühen Morgen los, um auch pünktlich zur Messe zu sein. Das waren wir auch – ein Grossteil der Absolventen jedoch nicht. Macht nichts, die Kirche war so gerammelt voll, dass zwanzig Absolventen mehr oder weniger sowieso nicht auffiehlen….
Ich muss zugeben, ich finde Kirchgänge nicht wirklich spannend. Und was der Pfarrer zu sagen

es wird gekocht, in den typischen Tontöpfen

 hatte, verstand ich schon rein akkustisch kaum. Nur, dass er die Schüler warnte: „97 Prozent von euch werden zu nichts gut sein“ und sie dann dazu anregte, nicht in die Ferne zu schweiffen, wo die lokale Fachhochschule doch so gute Chancen im IT Bereich böte.

Nach der Kirche war erstmal das Frühstück dran. Lag die Kirche noch im etwas grösseren „Oriental“ so wurde uns das Frühstück in eben erwähnten asphaltlosen Dorf serviert – ganz mexikanisch: Hühnersuppe mit Tortilla.

Nach dem Essen dann wieder ganz schnell zurück nach Oriental, wo die grosse Show losging: In der grossen Dorfhalle (erinnerte mehr an einen Landmaschinenunterstand) hatte sich das Kommittee des Ministeriums für Ausbildung aufgestellt um den Einmarsch der Schüler zu zelebrieren.

Dann gab es Geschrei – einige beschuluniformte Schülerinnen trugen die mexikanische Fahne herein, schrieen andere beschuluniformierte Mädchen an und diese schrieen zurück. Im Namen des Ministeriums für Erziehung würde hiermit die Fahne übergeben, schrieen die einen, die anderen begrüssten dies ausdrücklich und gelobten sie zu ehren.

Die Absolventen marschieren in ihren Talären ein

Dann wurden den einen von den anderen die Fahne entrissen, jene marschierten klatschenden Schrittes hier hinaus, diese ebenso lärmend dort hinaus. Jetzt erklang die mexikanische Hymne, in voller Länge, danach die poblanische. Schliesslich erhob man die Hand, um dem Vaterland die Treue zu schwören. Fertig.

Was danach folgte war ein Wechselspiel aus Urkundenverleihung und dem Auftritt einiges gitarrenschindenen Knabenchores der mexikanische Volkslieder zum Besten gab.

Juliane und ich nutzen die Zeit, um uns aus dem Staub zu machen und die Umgebung zu erkunden. Leider gab es da nicht so viel zu sehen…

eine der wenigen Zugstrecken, die in Mexiko in Betrieb sind.

Die Hauptattraktion war da vielleicht die Zugstrecke… Aber auch dort rollte nicht so viel.

Zum Glück war die Zeremonie auch bald vorbei und wir schon wieder in unser kleines Dörfchen, aus dessen staubiger Strasse die neugelegten Kanalisationsdeckel ragten.

Und wieder wurde geschmaust, Hühnchen in Mole (einer Sosse die unter anderem Schokolade enthällt), Reis und Barbacoa (Schafsfleisch in scharfer Sosse). Währenddessen und danach und davor wurden uns ständig neue Onkels und Tanten vorgestellt, das ganze Dorf schien nur aus einer Familie zu bestehen. Ein Onkel lud uns in sein Haus ein, Pflaumen probieren. Die Bäume in seinem Garten hingen voll von der Frucht, wir pflückten und pflückten und ich machte schliesslich in meinem Projekt eine feine Marmelade davon…

Gabis Papa hilft mir, die Pflaumen vom Baum zu holen

Zurück im Haus von Gabis Nichte wird das Sofa aus dem haus geschleppt, ein bisschen Sonne darf schon sein. Denn das Klima war eher frisch und die mexikanische Bauweise (Betonkasten mit Löchern für Fenster und Türen) hält die Innenräume üblicherweise feucht und kühl. Ein Effekt, der einem in heisseren Gegenden evtl. gefallen kann, in weiten Teilen von Puebla aber nur zu muffeliger Kleidung führt.

Die Atmosphäre des Dorfes ist schwer wiederzugeben. Die sandigen Strassen, Maisfeldchen im Vorgarten, Puten auf dem Boulevard, die rohen Betonbauten einer am anderen, der Geruch von verbrannten Abfällen, die Abwasserrinsale auf der Strasse (nicht jeder will sich an die kanalisation anschliessen), vorbeireitende Rinderhirten, Kinder die mit den freilaufenden Schweinen spielen, eine Kuh und ein Kalb an den Baum gebunden, ein Gattertor aus Autoteilen, Pferdekutschen mit Klee beladen, ein Opi sitzt vor der Tür, Cowboyhüte, Tiere die voller Stolz, aber in engen Gattern und in der eigenen Scheisse gehalten werden, sich die Hand von Pferdezungen abschlecken lassen, Pflaumen frisch vom Baum naschen, die Kinder reiten ne Runde, die Papas schlürfen Tequila, Cousinen stellen sich einander vor, ein Schafspelz hängt zum trocknen…..

drei Freunde

 

 

 

 

Juliane und Amanda haben die Zukunft ihrer Hühnersuppe im Blick

Mitnichten ein Kaktus sondern ein Nopal. Essbar. Auf die kleinen Früchte, die Tunas heissen

Warum gibt´s so lustige Hüte nicht in Deutschland?

Juliane und ihr "Bruder", daneben der Eingang zur Küche

So ganz überwunden hat sie ihre Pferdeskepsis nicht...

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